Über die Ahnen und ihre Bedeutung für mich habe ich bereits beim ersten Türchen geschrieben. Der heutige Song ist ebenfalls mit einer meiner Grossmütter verknüpft. Ich besitze nicht viele Erinnerungsstücke an meine Grosseltern und die paar wenigen Stücke sind allesamt Alltagsgegenstände von keinem finanziellen Wert. Dafür ist der ideelle und emotionale Wert um so höher.
So geschah es, dass mir eines Tages das kleine alte Gebetsbüchlein meiner Grossmutter in die Hände fiel. Zwischen den Seiten waren Heiligenbilder eingelegt. Zuerst haben es mir diese Bildchen angetan. Sie haben die Grösse von Panini-Sammelkarten, manche auch kleiner. Und offensichtlich hatten sich auch eine ganz ähnliche Funktion. Auf den Rückseiten entdeckte ich handgeschriebene Widmungen und andere Freundschaftsbeweise.
Doch dann blätterte ich ganz vorsichtig im alten, etwas mitgenommenen Büchlein und versuchte die alte Sprache zu verstehen. Das Gebetsbüchlein ist übrigens auf ungarisch, meiner Muttersprache. Und da ich als 7-jähriges Kind in die Schweiz zog, beherrsche ich die Sprache zwar für Alltagszwecke, die Feinheiten der Sprache aber verschliessen sich mir leider.
Das Büchlein so in den Händen haltend, erinnerte ich mich an meine Kindheit in Szabadka. Die Menschen damals waren sehr lebensbejahende fröhliche, aber die Heiligen, die Verstorbenen und die Traditionen sehr in Ehre haltende Zeitgenossen. Der Gang auf den Friedhof beispielsweise war mehrmals im Jahr Normalität und auch ich ging mit meinen Grossmüttern selbtsverständlich immer mit. So sprachen mich also die Zeilen im Buch „Üdvözlégy Mária, malaszttal teljes, az Úr van teveled,…“ an, wobei ich nicht sofort begriff, dass es sich hier um das altbekannte Ave Maria handelte.
Ich fragte mich, welche Bedeutung so ein altes Gebet heute noch haben kann, in einer Welt voller unruhiger, getriebener Menschen, mich oftmals nicht ausgenommen. Und so wurde es mir klar, dass das Gebet zwar alt ist, aber seine Bedeutung und Dringlichkeit in einem modernen technokratischen Kontext umso stärker wirken kann. Mit dem Song „Maria“ habe ich versucht, ein modernes Gebet zu schaffen. Der Gesang schwebt über das Fundament und soll an gregorianische Gesänge erinnern, der Beat aber ist treibend und schwer, fast schon bedrohlich und dazwischen winden sich kleine Melodien durch den Song.
Mein Song „Maria“ war zwar schon immer frei zum Download zu haben, aber zum heutigen Tag der „unbefleckten Empfängnis“ passt er perfekt. Um so mehr, als dass heute nicht gefeiert wird, dass Maria Jesus empfängt, sondern, dass „Maria vom ersten Augenblick ihres Lebens an vor der Sünde bewahrt (wurde)…“ damit sie die Mutter von Jesus werden und für uns Menschen ein gutes Wort bei Gott einlegen konnte. Und für mich persönlich ist „Maria“ einfach ein Stück Heimat. Geniesst den Tag, ob ihr ihn nun frei habt oder nicht!
Das Gebet auf deutsch und hier auf ungarisch und lateinisch.
Zum Download: http://aleksz.bandcamp.com/track/maria